Sie lesen die Ausgabe: Bernecker Daily vom 30.05.2023

Nr. 150/23 Bernecker Daily

Bernecker Briefkopf
Actienboerse Briefkopf

Kompromiss!

Guten Morgen, meine Damen und Herren,

die erste Finanzkrise der Amerikaner ist absolviert bzw. bereinigt. Die zweite betrifft die Banken und dafür steht fest: Beide Notenbanken werden in jedem Umfang und zu jeder Zeit Feuerwehr spielen und sofort für Liquidität sorgen. Damit ist die Liquidität der Märkte gesichert, aber unter der Bedingung, dass die Bekämpfung der Inflation sehr, sehr schwierig wird. Entscheidend ist jedoch die Liquidität. 


SIEMENS

Der SIEMENS-Kurs konnte gestern nicht von einer Kaufempfehlung von GOLDMAN SACHS profitieren. Die Aktie schloss, nach allerdings dünnem Feiertagshandel, 0,4 % im Minus. Dabei hatten die Analysten von GOLDMAN SACHS die Aktie als „beharrlich unterbewertet“ tituliert und das Kursziel von 218 auf 245 € angehoben. Zudem wurde die Umsatzprognose für 2023 nach einem starken zweiten Quartal erhöht. Als Möglichkeit, um das Bewertungspotenzial zu heben, sieht man eine Vereinfachung des Portfolios. Aber auch ohne die G.-S.-Empfehlung bietet die Aktie reichlich Bewertungsspielraum nach oben. Kurse oberhalb der 200-€-Marke sind allemal drin. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wäre aber, dass der Kurs die Widerstandszone bei rund 160 € überzeugend überwinden kann, denn dann wäre der Weg für neue Allzeithochs offen.


TALANX

TALANX mit Milliarden-Zukauf. Der Versicherungskonzern übernimmt für rund 1,38 Mrd. € vom US-Versicherer Liberty Mutual Insurance das Privatkundengeschäft in Brasilien, Chile, Kolumbien und Ecuador. Die übernommene Liberty Seguros kommt auf ein Bruttoprämienvolumen von umgerechnet 1,7 Mrd. €. Zum Vergleich: 2022 erzielte die Tochter HDI International in Brasilien, Chile und Kolumbien ein Prämienvolumen von rund 1,4 Mrd. €. In Chile und Brasilien mutiert TALANX bei Sachversicherungen somit zur Nr. 1 und 2. Künftig werden 45 % des Geschäftsbereichs Privat- und Firmenversicherung International aus Lateinamerika kommen. TALANX setzt die Internationalisierung weiter fort. Die Übernahme wird in einem Jahr bereits positive Ergebnisbeiträge liefern. Das ohnehin günstige KGV von aktuell 9 bei 4,4 % Dividendenrendite reduziert sich dann auf rd. 8. Die Aktie ist zuletzt gut gelaufen und ist bei einem sich andeutenden Doppeltop reif für eine Konsolidierung. Unter 47 € wird der Wert ein Thema.

SUSE

Nach dem - noch nicht entschiedenen - Bietergefecht um die SOFTWARE AG werden jetzt regelmäßig andere Namen von deutschen Softwareunternehmen durch die Börsenmanege getrieben. Aktuell geht es dabei um den Linux-Spezialisten SUSE. Angeblich soll Großaktionär EQT prüfen, das Unternehmen wieder von der Börse zu nehmen und an einen Finanzinvestor zu verkaufen. Ähnliche Pläne wurden schon letztes Jahr im Markt herumgereicht. Das Problem von SUSE: Man präsentiert sich derzeit aus keiner starken Position heraus. So musste erst kürzlich die Prognose für das Geschäftsjahr deutlich gesenkt werden. Dennoch reichten die neuen Gerüchte Ende letzter Woche für einen Tagesgewinn von über 17 %. Sollte hier nicht schleunigst von der Nachrichtenseite her etwas nachkommen, steht allerdings zu befürchten, dass die Aktie ihren aktuellen Abwärtstrend wieder aufnimmt. Wir bleiben draußen. 


SAF-HOLLAND

Der Zulieferer für die Nutzfahrzeugbranche SAF-HOLLAND hat die vorläufigen Zahlen zum ersten Quartal bestätigt. Da konnte der Umsatz um knapp 30 % auf 480,4 Mio. € verbessert werden, der bereinigte Gewinn auf Basis EBIT verbesserte sich sogar um fast 85 % auf 43,4 Mio. €. Beim Gewinn je Aktie kamen unter dem Strich 0,54 € heraus gegenüber erwarteten 0,38 € je Aktie (FactSet-Konsens). Auch die schon bekannte Guidance für das Gesamtjahr wurde bestätigt. Diese geht von einem Umsatz zwischen 1,8 - 1,95 Mrd. € aus mit einer Zielmarge beim EBIT zwischen 7,5 - 8,5 %. Das würde im besten Fall ein Umsatzwachstum von bis zu 56 % bedeuten bei einer Verbesserung der Marge von bis zu 1,5 %-Punkten. Die Aktie hatte zwar zuletzt einige Abgaben verzeichnen müssen, doch der Aufwärtstrend ist diesbezüglich weiter intakt. Wir gehen davon aus, dass hier erst einmal alles auf das Erreichen der Widerstandszone im Bereich von 14,40 € ausgerichtet ist. Bei einem geschätzten KGV von rund 7 für dieses Jahr dürfte hier noch reichlich Platz nach oben sein. Wir bleiben bei unserer Kaufempfehlung.


IVU TRAFFIC

IVU TRAFFIC ist auf Rekordfahrt und heimst den nächsten Großauftrag ein. IVU ist der Digitalisierer des öffentlichen Nahverkehrs. Es geht um Ablaufprozesse von Bus- und Bahnunternehmen, von der Planung und Disposition über die Betriebssteuerung, das Ticketing und die Fahrgastinformation bis hin zur Abrechnung von Verkehrsverträgen. Der Investitionsbedarf der ÖPNV-Betriebe in den nächsten Jahren ist hoch. Die schweizerischen Bundesbahnen SBB stellen mit dem Projekt „Integrierte Produktionsplanung“ die Planung, Optimierung und Disposition der Schlüsselressourcen Fahrzeuge und Personal für den gesamten Personenverkehr auf eine neue Basis. Hierfür soll das Standardprodukt IVU.rail der IVU zum Einsatz kommen. Finanzielle Details werden nicht genannt. Wir gehen davon aus, dass der Auftragsbestand im laufenden Jahr damit nahezu 100 % des geplanten Umsatzes von mehr als 120 Mio. € abdeckt. Wir haben noch keine Eile. Ein Fall für unsere Watchlist.

BORUSSIA DORTMUND

BORUSSIA DORTMUND verliert nach vertaner Meisterschaft 27 %. Buchstäblich in letzter Minute hatte der FC Bayern München am Samstag doch noch den Dortmundern die Meisterschale entreißen können. Das rächte sich am Pfingstmontag auch an der Börse bitter: Mit einer Wahrscheinlichkeit von gut 80 % hätte die Meisterschaft eigentlich an den Borsigplatz gehen müssen und dementsprechend war die Aktie auch schon ein Stück weit vorausgelaufen. Am Montag entwich dann entsprechend die Luft aus dem Kurs. Ab 3,90 € oder darunter fängt die Aktie aber zumindest aus Trading-Gesichtspunkten langsam wieder an, interessant zu werden. Eile für einen Kauf besteht aber nicht, denn wenn es richtig schlecht laufen sollte, könnte der Kurs auch bis auf ca. 3,50 € nachgeben.


MARVELL TECHNOLOGY

MARVELL TECHNOLOGY springt auf den KI-Zug auf. Beim US-Chipspezialisten geht es um Lösungen, die es ermöglichen, Daten schneller zu bewegen, zu speichern, zu verarbeiten und zu sichern. Spezialgebiet sind Rechenzentren, 5G-Übertragung, Automotive und Unternehmensnetzwerke. Bereiche, in denen auch NVIDIA massiv wächst. Die einfache Formel: Mehr Datenvolumen, mehr Geschäft für MARVELL. 2023 soll es einen ersten Vorgeschmack geben, was machbar ist: Die Erlöse im ersten Quartal kletterten um magere 6 % auf 1,4 Mrd. $, der Nettogewinn ging sogar um 40 % auf 0,31 $ je Aktie zurück. Aber: Man will im zweiten Halbjahr das Wachstum beschleunigen und die Marge deutlich erhöhen. Die KI soll wichtiger Treiber für das Angebot an Netzwerkverbindungsprodukten werden. 2024 will man den KI-Umsatz zum Vorjahr mindestens verdoppeln. Bei MARVELL wird der Ertrag folglich ab 2024 deutlich ansteigen. Der Konsens rechnet 2024 mit 1,53 $ je Aktie und bis 2026 mit einer Verbesserung auf 2,91 $ je Aktie. Nach dem Kurssprung im Anschluss an die Q1-Zahlen raten wir, eine Konsolidierung abzuwarten. Unter 55 $ wäre der Wert eine Option.

China läuft unrund

China läuft unrund. Während im Hintergrund die nächste Covid-Welle mit vermutlich rd. 65 Mio. Infizierten pro Woche bis Ende Juni läuft, kommt die industrielle Basis in China nicht ins Laufen. Den Daten des Nationalen Statistikamtes (NBS) zufolge sanken die Gewinne von Januar bis April um 20,6 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum (im April - 18 %). Der Einbruch der Stahlpreise ließ die Gewinne im Sektor sogar auf eine schwarze Null sinken. Auf der anderen Seite stehen infolge der Tech-Sanktionen Chinas Aushängeschilder zunehmend unter Druck. Technisch sieht das bei ALIBABA wie TENCENT nach einem Test der Oktobertiefs aus.

IMPRESSUM

Hans A. Bernecker

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